Im Lauf der Zeit entwickelte sich die Textilindustrie im Florival, also im Tal der Lauch, und ihre Spuren sind noch heute zu sehen. Je nach Epoche zeigen die Industriegebäude unterschiedliche architektonische Formen, die von der Größe der Maschinen ebenso beeinflusst wurden wie von den Energiequellen und der Energieübertragung. Noch heute gibt es eine große Industrielandschaft, wie an Fabriken, Arbeitersiedlungen, Sporthallen, Parks und Villen von Industriellen zu sehen ist.
Fabrikformen im Wandel
Die erste architektonische Form in der Textilindustrie ist die mehrgeschossige Fabrik, die sich Ende des 18. Jahrhunderts verbreitet. Das Gebäude ist ein schmaler und langer rechteckiger Block mit drei bis sechs Geschossen. Durch zahlreiche Fenster, die sich über die kompletten Wände erstrecken, fällt Licht ins Innere. Jedes Geschoss besteht aus einem großen Saal und einer nicht unterteilten Fläche. Die Maschinen stehen über die gesamte Länge in Zweierreihen. Die Spinn- und Webmaschinen stehen für gewöhnlich im Obergeschoss, die Öffner, Klopf- und Kardiermaschinen dagegen im Erdgeschoss. Bisweilen sind mehrere mehrgeschossige Fabriken so angeordnet, dass ein Innenhof entsteht. Dies ist beim Unternehmen Ziegler & Greuter in Guebwiller der Fall. Eine der ersten ebenerdigen Fabriken entstand 1851 auf Betreiben von Édouard Gast, einem Industriellen aus Issenheim. Die Vorderfront aus Quadersteinen erinnert mit ihren Spitzbogen-Fenstern und zinnenbewehrten Türmen an eine mittelalterliche Burg. Die Spinnerei ist ein weiter, nicht unterteilter Raum, der von einer Gewölbedecke überspannt wird. Sie verfügt über ein Oberlicht. Durch Lichtöffnungen im Gewölbe fällt natürliches Sonnenlicht von oben in den Raum. Die Spinnerei Gast ist ein Vorläufer der ebenerdigen Fabriken, die anschließend eher ein Sheddach erhalten. Für die Industrie der damaligen Zeit sind die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommenden Gebäude mit Sheddach eine Revolution. Diese Dächer sehen aus wie Sägezähne und eine Seite ist nach Norden ausgerichtet, sodass die Innenräume über ein Oberlicht verfügen. Diese Art ebenerdige Gebäude wird zunächst für Webereien und anschließend generell für die Industrie genutzt. Gleichzeitig kommen vermehrt Dampfmaschinen zum Einsatz, was die Fabriken von der Wasserkraft unabhängig macht. Nun werden Fabriken an Kanälen und Eisenbahnlinien gebaut. Eines der ersten Gebäude aus Stahlbeton im Elsass wurde 1911 in Guebwiller errichtet. Die Rede ist von der ehemaligen UTEX-Zwirnerei in der Rue de la Monnaie aus der Feder des Architekten Sautier, die 1974 abgerissen wurde. Es gibt dennoch ein Überbleibsel dieser Stahlbeton-Architektur, nämlich den (1920 erbauten) „Louvre“ des Unternehmens Schlumberger, der noch immer in Guebwiller zu sehen ist. Stahlbeton verbindet die Druckfestigkeit von Beton mit der Zugfestigkeit von Stahl. Mit diesem Verbundwerkstoff lassen sich folglich Gebäude mit sehr langen freitragenden Elementen realisieren.
Eine abwechslungsreiche Industriearchitektur
Das industrielle Kulturerbe der Region ist nicht auf Fabriken beschränkt, sondern es finden sich auch andere bauliche Spuren aus der Zeit der Industrialisierung. Hier sind zunächst die Arbeiterwohnungen zu nennen. Bis zum Bau der ersten Arbeitersiedlungen wohnen die Arbeiter nur selten an ihrem Arbeitsort. 1856 entsteht in Guebwiller auf Initiative von Jean-Jacques Bourcart hin die erste Arbeitersiedlung, also bereits drei Jahre vor der in Mulhouse. Eine Studie des Textilunternehmens DMC von 1867 nennt diese Arbeitersiedlung als Vorbild: 1870 gibt es hier 139 Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 40 und 50 m² und einer Monatsmiete von 14 bis 18 Franc. Sie besteht aus Wohngebäuden mit einer zentralen Treppe zu den einzelnen Wohnungen. Ein weiteres Beispiel ist eine Arbeitersiedlung mit achtzehn Wohnungen, die das Unternehmen Zimmermann 1867 in Issenheim baut. Und schließlich zählen zur Industrielandschaft auch die Wohngebäude, die für die Unternehmer selbst bestimmt sind. In den Wohnhäusern und Villen der Industriellen ist häufig ein gewisser Hang zum Historizismus zu erkennen, denn die Gebäudegestaltung wird von Elementen vergangener Epochen wie der Antike oder der Renaissance inspiriert. Die bemerkenswertesten Gebäude dieser Art sind die Villa du Bois Fleuri, die 1864 für Charles Bourcart erbaut wurde – sie besteht aus einem Schloss, einem Pförtnerhaus und einem Park mit großem Baumbestand – und der Villa des Glycines, die für Émile de Bary erbaut wurde und deren Veranda mit Keramiken von Théodore Deck geschmückt war, die zwischen 1886 und 1891 realisiert wurden und derzeit im Théodore-Deck-Museum aufbewahrt werden.
Eine vielfältige Industrielandschaft
Auf dem Gebiet des Gemeindeverbands finden sich noch heute zahlreiche sichtbare Spuren dieser industriellen Vergangenheit. Sie alle zu nennen würde den Rahmen sprengen, doch einige Gebäude sind auf jeden Fall erwähnenswert: Schloss Neuenburg (das ehemalige Schloss der Fürstäbte von Murbach wurde 1793 zur Stoffdruckfabrik, und anschließend wurden hier von 1805 bis 1947 Seidenbänder gewebt), die Fabrik Ziegler, Greuter & Cie (im ehemaligen Dominikanerkloster wurde 1806 ein Unternehmen untergebracht, das aus einer Spinnerei, einer Weberei, einer Bleicherei und einer Stoffdruckerei bestand, bevor es nach dem Zweiten Weltkrieg als Wohngebäude genutzt wurde), die Seidenfabrik Baumann in Soultz, die Schlumberger-Fabriken in Guebwiller (1810 gegründet und noch immer in Betrieb), das Unternehmen Marin Astruc in Buhl (eine Spinnerei von 1835, die 1963 geschlossen wurde; sie wurde von einer noch heute sichtbaren bemerkenswerten Holzwasserleitung versorgt) oder auch die Arbeiterwohnungen in Buhl oder der Parc de la Marseillaise in Guebwiller, der für das Wohlbefinden der Arbeiter angelegt wurde.