Mit sieben Ortschaften an der Weinstraße und sechs Grand-Cru-Lagen (Kitterlé, Saering, Kessler, Spiegel, Ollwiller und Pfingstberg) hat die Region Guebwiller, Region der Kunst und der Geschichte, ihrer Weinbautradition viel zu verdanken. Außerdem machen die zahlreichen Wälder einen wesentlichen Teil der Landschaft des Florival, also des Tals der Lauch, aus.
Die Rebe: Mythos und Geschichte
Laut germanischer Mythologie geht die Ankunft der Rebe auf den Gott Odin zurück. Durch ein Wildschwein am Fuß verletzt soll er das Tal fruchtbar gemacht haben, denn aus jedem seiner Blutstropfen ging eine Blüte hervor. Die Blüten überzogen die Hänge und entfalteten sich zu prächtigen Trauben, gefüllt mit Götterblut. In Wahrheit kommt der Weinbau im 8. Jahrhundert mit der Ankunft schottischer Mönche nach Guebwiller, die das Kloster Murbach gründen. Von ihrem Kloster aus herrschen die Äbte über das gesamte Tal und sogar darüber hinaus. Guebwiller entwickelt sich dank des Weinbaus ab dem 12. Jahrhundert. Ein Teil der Ernte geht als Abgabe an das Kloster. Die Mönche erkennen das Florival, das „blühenden Tal“, als ideales und fruchtbares Gebiet. Im 11. Jahrhundert schreibt Flurandus: „Es gibt einen Ort am Rand des Elsass und der Vogesen, der Murbach genannt wird, wohin der Herr den Oberen des heiligen Martyriums gestellt hat; fruchtbar an Tugenden, ähnlich dem Mittelpunkt der Erde, wie eine himmlische Perle in eine Muschel aus Gold gefasst. Fruchtbare Hänge breiten ihre mit Reben überzogenen Flanken aus und machen das blühende Tal zu einem weiteren Paradies, in dem das Blut des Bacchus in Strömen fließt.“ Während des gesamten Mittelalters genießen die elsässischen Weine einen guten Ruf, da sie aus dem südlichsten Weinbaugebiet des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation stammen. Über den Rhein und die Ill werden die Weine in die Schweiz, die Niederlande, nach Schwaben, Deutschland, England und Italien exportiert.
Die Winzerhäuser der Renaissance
Die Lagen Wanne (Kessler), Saering und Kitterlé werden bereits im Ausland vertrieben. Der Wein aus Guebwiller ist so begehrt, dass im 17. Jahrhundert jedes Weinfass mit einem Ladtzettel (Herkunftsnachweis) versehen wird, um Fälschungen zu verhindern. Damals gibt es mit dem Zwicker nur einen Weißwein und die Rangfolge richtet sich nach Boden und Klima. Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts erleben Soultz und Guebwiller wie die anderen umliegenden Weinbaugemeinden einen neuen Aufschwung. Dank des Wohlstands werden in Soultz zahlreiche Häuser errichtet. Die schönen Renaissance-Winzerhäuser entstehen genau zwischen 1525, dem Jahr des Bauernkriegs, als die Stadt von den Bauern eingenommen wird, und 1632, dem Beginn des Dreißigjährigen Kriegs im Elsass. Erker, Wendeltreppen, mit Jahreszahlen versehene Torbögen – all diese baulichen Elemente sind Zeichen des Wohlstands. Noch heute zeigt das Stadtzentrum das Stadtgefüge des 17. Jahrhunderts. In Guebwiller können aufgrund der starken Parzellierung des Grundbesitzes und der hohen Abgaben an die Äbte keine Reichtümer angehäuft werden, sodass hier keine schönen Renaissance-Häuser wie in Soultz, Riquewihr, Obernai oder Barr entstehen. Zahlreiche weitere Handwerker wie Küfer, Hufschmiede, Händler und Experten für die Weinbeurteilung sind für den Weinbau tätig. Diese Handwerker geben prachtvolle Häuser in Auftrag, deren Torbögen in der Regel die Initialen des Eigentümers zusammen mit den Abzeichen seines Berufs tragen.
Die Terrassen von Guebwiller
Die von Menschen gestalteten Rebflächen von Guebwiller haben ein charakteristisches Aussehen. Über 50 Kilometer Trockensteinmauern aus rosa Sandstein säumen die Hügel am Fuß der Vogesen und verhindern die Erosion des ausgesprochen sandigen Bodens. Die Steine stammen aus den Steinbrüchen des Plateaus. Diese Mauern sind mehr als ein Teil des typischen Landschaftsbilds, denn sie erfordern das Know-how spezialisierter Maurer, die sich das ganze Jahr über um deren Instandhaltung kümmern. Generationen von Winzern mussten angesichts der undankbaren Topografie ihren Einfallsreichtum unter Beweis stellen, um diese unschätzbaren Weinberge zu bewirtschaften: Steintreppen, um von einer Terrasse zur nächsten zu gelangen, halbmondförmige Steine, durch die ein Holzpfahl führt, damit ein letzter Rebstock bis oberhalb der Mauer gepflanzt werden konnte, quer angelegte Rebzeilen … All diese Anstrengungen sind Ausdruck des Strebens nach einem Wein von außergewöhnlicher Qualität angesichts eines rauen Terroirs mit mageren, sandigen Böden.
Die Kütterlé-Legende
Diese Legende erzählt von der Hartnäckigkeit, die die Bestellung eines solchen Orts erfordert. Abt Braun erzählt: „Es war einmal ein Mann in Guebwiller, der hieß Kuter. Doch wegen seiner kleinen Gestalt nannten ihn alle „Kütterlé“. Er war ein armer Winzer, schlau, fleißig und absolut beharrlich. Da er nur wenige Reben zu bewirtschaften hatte, machte er sich Steinen und Fels zum Trotz daran, den Haut-Saering zu roden. Die Leute lachten über ihn, wie er so oben auf den Felsen hockte. Einige bemitleideten ihn. Doch Kuter war keiner, der sich vom Spott und von den Bemerkungen seiner Mitbürger beeindrucken ließ. Im Gegenteil. Das Gerede und Gelächter fachten seinen Arbeitseifer weiter an. Aus den Bruchsteinen des gespaltenen Felsens baute er Mauern; dann häufte er Erde an, ebnete so eine Terrasse nach der anderen und pflanzte Rebstöcke, die sich von Stockwerk zu Stockwerk den Berg hinaufzogen … „Mal sehen, was das für einen Wein gibt!“, sagten die Spötter. Doch bald verstummten die Scherze und Verblüffung machte sich breit. Die Sonne verwöhnte den Hügel mit ihren liebevollen Strahlen und die Reben entfalteten sich in aller Pracht. Als Kütterlé seinen ersten Wein erzeugte, wurde er sogleich mit den Spitzenweinen der umliegenden Terroirs verglichen. Da gab es den ungestümen Kessler, den leidenschaftlichen Wanne und vor allem den feurigen Saering. Aber nachdem alles gut erwogen, verkostet und besprochen war, erklärten die Prüfer einstimmig, dass der Neuling es verdiente, in der ersten Reihe zu stehen. “
Wälder und Hügel
Die Region Guebwiller bietet eine terrassenförmige Berglandschaft von 200 bis 1.400 Metern Höhe, die sich rund um die Täler der Lauch und des Rimbach erstreckt. Die Hänge sind größtenteils bewaldet. Oberhalb von 1.000 Metern weicht der Wald den durch Wind und Kälte kahl gewordenen Anhöhen. Die heutigen Berggasthöfe verdanken ihre Existenz den Bergbauernhöfen, in denen früher die Viehzüchter den Sommer über wohnten und die auch „Sennereien“ genannt werden. Sie produzierten Käse, den sie dann auf dem Markt in Guebwiller verkauften. Um die Gebiete zu begrenzen, errichteten sie Steinmauern, die noch heute zu sehen sind. Der Bollenberg, ein Hügel aus Kalkstein, ist ein echtes Naturdenkmal. Vor etwa 8.000 Jahren herrschte im Elsass ein warmes, trockenes Klima. Am Rhein gediehen eine mediterrane Flora und Fauna. Tausend Jahre später drehte sich das Klima und diese Arten drohten auszusterben. Im Rheingraben bot sich ihnen nur eine einzige Zuflucht, nämlich die Hügel am Fuß der Vogesen mit ihrem außergewöhnlich warmen, trockenen Mikroklima. Dieses Ökosystem findet sich auch heute noch in der trockenen Heide des Bollenbergs. Es ist einzigartig in Europa – das lebende Relikt einer mehrere Tausend Jahre zurückliegenden Zeit. Der Legende zufolge kamen hier einst die Hexen der gesamten Region zusammen, um ihren Hexensabbat zu feiern.